Pseudarthrosenbehandlung

Pseudarthrose: Abgeleitet aus dem Griechischen: „pseudes“- falsch und „arthros“ – Gelenk steht für die ausbleibende Heilung oder „Nichtheilung“ eines Knochenbruches oder einer Osteotomie (operative Knochendurchtrennung).

Begrifflichkeit

Häufig spricht man noch von einer „Delayed Union“, wenn eine Fraktur nicht innerhalb von vier bis sechs Monaten nach Knochenbruch oder Osteotomie heilt und ab dem 6 Monat von einer abgeschlossenen Nichtheilung oder auch Pseudarthrose oder Non Union. Mittlerweile steht weniger der Zeitfaktor in der Bewertung einer nichtheilenden Fraktur (Knochenbruch) im Vordergrund, sondern vielmehr das zu erwartende „Heilungspotential“, welches von mehreren Faktoren abhängig ist. Man unterscheidet unter anderem vitale (instabile, aber ausreichend durchblutet) und avitale (instabile und mangelhaft durchblutet) Pseudarthrosen.

Vielfach spielt eine Infektion im Sinne eines „Low-Grade“ Infektes eine Rolle. Durch die Erweiterung der modernen diagnostischen Möglichkeiten neben den kulturellen Standardverfahren hat sich vor allem die Sonikation als Verfahren der Wahl zum Nachweis, insbesondere der biofilmbildenden Bakterien, bewährt. Zusätzliche Verfahren, wie die Aufarbeitung von Gewebeproben mittles PCR Technik ( Polymerase Chain Reaction), zeigen immer häufiger in der Bewertung von „nichtheilenden“ Frakturen, dass ein chronischer Infekt am Kochen, im Sinne einer „lokalen“ Osteomyelitis vorliegt. Deshalb wird jedes entnommene Osteosynthesematerial, bei vorliegender Nichtheilung einer Fraktur, zusätzlich zur Gewebebiopsie-Gewebehistologie, von uns über das Verfahren der Sonikation mit der Hamburger Laborgemeinschaft Dr. Fenner und Kollegen (PD Dr. med. M. Hentschke) aufgearbeitet, um im Falle eines Keimnachweises, das entsprechende Antibiogramm und damit die Möglichkeit der zusätzlichen gezielten Anibiotikatherapie zu erhalten.

Kurz zusammengefasst bedarf es zunächst einer komplexen, differenzierten Diagnostik zur Feststellung, ob ein Bruch (Fraktur) oder eine Osteotomie (operative Knochendurchtrennung) noch Heilungspotential hat oder nicht. Sollte das Ergebnis dieser Untersuchungen das Vorliegen einer solchen „Nichtheilung„ (Pseudarthrose) sichern, muss als Vorraussetzung für die erfolgreiche Behandlung die Ursache geklärt sein. Dann wird gemeinsam mit dem Patienten entschieden, welcher therapeutische Weg beschritten wird. Die Möglichkeiten der modernen Medizin bieten diverse Ansätze dafür, eine solche „Nichtheilung“ von Knochengewebe erfolgreich zu behandeln.

Bei Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie mich gern unter der Praxisnummer oder über Email.

Fallbeispiel

Vorgeschichte

Eine Eishockeyspielerin der Deutschen Nationalmannschaft wurde nach einem Trauma im Jahr 2016 im Alter von 16 Jahren bei medialer Klavikulaschaftfraktur (Schlüsselbeinfraktur links) primär operativ mit einem elastischen Titan-Feder-Nagel 2,5mm (ESIN) versorgt.

Bilder postoperativ

Bei nicht optimaler Platzierung des Nagels (ESIN) kommt es zu keiner nachweisbaren Frakturheilung im Verlauf. Aufgrund dessen entscheidet man sich für eine Revision mit Verfahrenswechsel und erneuter Osteosynthese ohne Spongiosaplastik mittels einer Kleinfragment-Rekonstruktionsplatte.

Nach der Versorgung mittels Platte durchläuft die Patientin dann, nach entsprechender Pause, den normalen schrittweisen Belastungsaufbau bis hin zur Vollbelastung und schlussendlich auch sportlich ein „return to play“.

Im Rahmen eines Bodychecks während eines Spiels kommt es zu einem neuen Schmerzereignis im Bereich der Klavikula/Schulter links Ende 2017. Durchgeführte Röntgenbilder zeigen keine Auffälligkeiten. Im Juni 2018 wird das Material dann geplant komplikationslos entfernt.

Zwei Wochen nach Materialentfernung, im Rahmen eines Eishockeylehrganges, kommt es beim Demonstrieren einer Übung ohne wesentliche Krafteinwirkung, lediglich aus einer einfach Bewegung heraus, zu einem erneuten Schmerzereignis mit sichtbarer Veränderung im Bereich der ehemaligen Verletzungsregion.
Passend zur Klinik zeigt sich dann in Röntgenbildern eine erneute Dislokation der „ehemaligen“ Fraktur:

Auf allen drei Bildern zeigen sich eher abgerundete im Kaliber dtl. schlankere „Frakturkanten“ der jeweiligen Fragmente. In der Zusammenführung der Befunde und Zeiträume ist von einer Pseudarthrose im Sinne der Nichtheilung der Fraktur von 2016, trotz zweimaliger operativer Versorgung, auszugehen.

Vorstellung der Patientin bei mir in der Sprechstunde durch den erfahrenen Sportmediziner Dr. med. Jan Schilling, ehemaliger Mannschaftsarzt der Hamburg Freezers, Leitender Arzt des Therapiezentrums Hafencity und Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie der Tabea-Klinik Hamburg Blankenese.

Nach ausführlicher Diagnostik und Abwägung der Möglichkeiten entschliesst sich die Patientin mit mir zur erneuten operativen Versorgung.

Nach entsprechender Vorbereitung und Planung der Operation führen wir den Eingriff in der Facharztklinik Hamburg durch.

 

Operatives Vorgehen

Darstellen der ehemaligen Frakturenden, „Entfernen“ der Pseudarthroseregion am medialen und lateralen Fragment, sodass wieder gesunder Knochen mit eröffnetem Markraum sichtbar ist. Aufbohren des Knochens (Markraums) nach medial und lateral. Auffüllen der Markräume mit Knochenchips vom Beckenknochen (Beckenkamm/Spongiosachips).

Dann wird einer der Defektzone entsprechender Teil des Beckenknochens (Beckenkammspan) in die entstandene Defektzone des Schlüsselbeins eingesetzt und zusätzlich noch weitere Spongiosa angelagert.

Bild direkt nach der Operation

3 Monate nach operativer Versorgung. Gut zu sehen ist die Integration des eingesetzten Knochenstücks vom Becken (Beckenkammspan). Kein Kalibersprung mehr im Bereich der ehemaligen Frakturzone.

Sicherung des Ergebnisses in der Computertomographie vor Belastungsfreigabe.

 

Nach 4 Monaten Return to play!

Danke Anna-Maria für das Vertrauen und die Freigabe der Daten!